Neues Werkzeug zur Erforschung von Alzheimer

Ein neuer Biomarker ermöglicht es, einen Schlüsselspieler der Krankheit sichtbar zu machen und zu untersuchen

26. Juli 2018

Wegen ihrer Häufigkeit und sozioökonomischen Relevanz ist die Alzheimer-Krankheit wesentlicher Gegenstand biomedizinischer Forschung weltweit, und vieles zu ihren Ursprüngen ist bereits bekannt. Nichtsdestotrotz fehlen WissenschaftlerInnen weiterhin Methoden, um wichtige ungelöste Fragen zu den molekularen Hintergründen der Krankheit zu beantworten. Forscher und Forscherinnen am Max-Planck-Institut für medizinische Forschung und an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg haben kürzlich ein neues Werkzeug entwickelt, um einen der Schlüsselspieler der Krankheit zu untersuchen. Der neue Biomarker erlaubt es, das Enzyms BACE1 sichtbar zu machen und zu verfolgen, ohne die Notwendigkeit von genetischer Manipulation oder Antikörpern. Der Marker könnte vor allem in der Entwicklung neuer Therapien wertvoll sein.

Der Aufbau des neuen Biomarkers aus Inhibitor des Enzyms BACE1 und Farbstoff.

Alzheimer ist die häufigste Form von Demenz und verursacht unter anderem Gedächtnisverlust und kognitive Beeinträchtigungen. In Anbetracht der alternden Bevölkerung wird erwartet, dass die Krankheit in den kommenden Jahrzehnten eine zunehmende sozioökonomische Herausforderung darstellt. Es gibt bis heute keine bekannte Heilung. Eine wesentliche Eigenschaft der Krankheit sind die sogenannten amyloiden Plaques in den Gehirnen von Patienten. Sie bestehen hauptsächlich aus amyloiden Beta-Peptiden. Diese stammen vom amyloiden Vorläuferprotein. Das Vorläuferprotein wird enzymatisch in die kürzeren Peptide gespalten, die für Neuronen giftig sind und sich zu Plaques zusammenlagern. Schlüsselspieler in diesem Prozess ist die Beta-Sekretase 1 (BACE1).

Jahrzehntelange Forschung an BACE1 hat bereits vieles zu Funktion, Lokalisierung und Aktivität entschlüsselt, aber selbst mit modernsten Methoden bleiben verschiedene Details ungelöst. Ein limitierender Faktor ist dabei die Verfügbarkeit bestimmter Biomarker, mit denen das Enzym in lebenden Zellen und Geweben beobachtet werden kann, ohne seine natürlichen Eigenschaften zu beeinflussen. Zu vergleichen ist das mit einem Flug über eine Menschenmasse im Regen. Wir könnten zwar einen roten Regenschirm unter vielen schwarzen erkennen, würden aber nie genau wissen, was unter dem Regenschirm passiert, wer da mit wem redet oder was getan wird. Ähnliche Probleme ergeben sich bei der Forschung an BACE1. Bis jetzt waren die verfügbaren Biomarker schlichtweg zu groß. Sie verdecken das Enzym wie unter einem Regenschirm und machen eine gute Auflösung unmöglich.

„Wir haben jetzt einen neuen Biomarker entwickelt, ein kleines fluoreszierendes Molekül, das nicht die Nachteile hat, die wir bei anderen, sperrigen Markern oder bei genetisch codiertem Markieren beobachten“, erklärt Johannes Broichhagen, einer der Autoren und Wissenschaftler in Kai Johnssons Abteilung für Chemische Biologie. Das Molekül besteht „einfach“ aus einem bekannten Inhibitor des Enzyms BACE1, der mit dem Farbstoff SiR647 verbunden wird. Daher die Bezeichnung SiR-BACE1. Dieses Molekül kann ohne weitere Modifikationen genutzt werden. Zusammengefasst „markiert es spezifisch BACE1, ist einfach anzuwenden und ist kompatibel mit verschiedenen bildgebenden Systemen, die Fluoreszenz nutzen“, erläutert Sandra Karch, Autorin und BACE1-Expertin der FAU Erlangen-Nürnberg. Ein wesentlicher Vorteil des Biomarkers für die Bildgebung und Nanoskopie ist seine Anwendbarkeit in lebenden Zellen und Geweben.

Dieses neue Werkzeug könnte einen wesentlichen Beitrag zur Erforschung von Alzheimer und zur Entwicklung neuer Therapien leisten. Besonders wertvoll wäre es in der Analyse der Interaktionen zwischen BACE1 und dem amyloiden Vorläuferprotein. Man könnte hier versuchen die Interaktionen zu vermeiden und dadurch das Auftreten von Plaques vermindern. Da der Marker auf einem bekannten Inhibitor des Enzyms BACE1 basiert, könnte er auch eine wichtige Rolle in der Entwicklung neuer Inhibitoren und deren Wirkung am Enzym spielen.

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